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Beitrag vom 19.01.2004
Das kunstseidene Mädchen
Sabine Grunwald
Die Aufführung im Renaissance-Theater. Schauspielerin Katherina Lange und Pianist Nikolai Orloff brillieren in der Bühnenfassung des gleichnamigen Romans von Irmgard Keun
Doris, eine kleine Tippse, fühlt, dass sie sich von ihren Kolleginnen unterscheidet. Die ungebildete aber herzenskluge junge Frau hat Träume, sie möchte "ein Glanz sein," weiß aber auch, dass jeder Glanz noch einen weiteren über sich hat.
Ihren ersten "Aufstieg" erreicht sie, als sie es von der Statistin zu einer kleinen Bühnenrolle bringt. Das Blatt wendet sich, als sie den Verlockungen eines Pelzmantels nicht widerstehen kann, und ohne Papiere, mit leeren Taschen flüchten muss.
Das Berlin der 30er Jahre
Mit offenen Augen und Ohren sieht und beschreibt sie das Elend der Arbeits- und Hoffnungslosigkeit der Menschen auf der einen, und den ungeheuren Reichtum und die Vergnügungssucht auf der anderen Seite.
Mit Hilfe wechselnder Männerbekanntschaften versucht sie, sich über Wasser zu halten. Immer wieder erlebt sie Enttäuschungen, will sich aber nicht unterkriegen lassen, weder von der Schäbigkeit der Männer, noch von der Gemeinheit der Welt.
Denn sie hat ihren Traum: Doris möchte ein Star sein.
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Foto: Christoph Pfeiffer |
Die Rolle der Doris wird von Katherina Lange einfühlsam und intelligent gespielt. Durch das Zusammenspiel ihrer Präsenz und der kongenialen musikalischen Begleitung des Pianisten Nikolai Orloff erleben Sie einen amüsanten und zugleich nachdenklich stimmenden Abend, der sie in das Berlin der Weimarer Republik entführt.
Das gemütliche Bruckner-Foyer mit dem Charme der 20er/30er Jahre ist der passende Rahmen für diese anderthalb Stunden dauernde One-Woman-Show.
Die Autorin
Irmgard Keun (1905-1882), in Berlin geboren, hatte bereits 26 jährig mit, "Gilgi, eine von uns" (1931) und "das kunstseidene Mädchen" (1932) zwei literarische Erfolge. 1933 stand Irmgard Keun wegen ihres scharfen satirischen Stils und der gesellschaftskritischen Tendenz ihrer Romane auf der schwarzen Liste der Nazis, wurde verhört und gefoltert.
1936 schrieb sie im Exil den Roman "Nach Mitternacht", der 1937 in Amsterdam erschien. Er schildert bewegend die Ereignisse der 48 Stunden im Leben einer 19 jährigen Frau vor ihrer Flucht aus Nazi-Deutschland. 1940 kehrte sie illegal nach Deutschland zurück und lebte bis zum Kriegsende versteckt bei ihren Eltern. Erst in den 70er Jahren wurden ihre Romane wieder entdeckt. Ein Jahr vor ihrem Tod erhielt sie den Marie-Luise-Fleißer-Preis der Stadt Ingolstadt.
Renaissance Theater
Knesebeckstraße 100, (Ecke Hardenbergstraße)
10623 Berlin-Charlottenburg
Verkehrsverbindungen: U 2 Ernst-Reuter-Platz, Bus 145, 149, 245, X9
Kassenöffnungszeiten:
Mo-Fr. ab 10.30 Uhr, Samstags ab 10 Uhr, Sonn- und feiertags ab 15 Uhr
Termine: 01.02., 20 Uhr, 07.02., 21 Uhr, 20.03., 21.30 Uhr, 21.03., 20 Uhr, 29.03, 20 Uhr, 04.04, 20 Uhr, 18.04., 20 Uhr
Bühnenfassung: Gottfried Greifenhagen
Regie: Volker Kühn
Spieldauer: 1 ½ Std. inkl. Pause
www.renaissance-theater.de